Als Amateurastronom beachtet man den Mond als Störenfried. Sein reflektiertes Sonnenlicht nimmt einem die Chance schwache Objekte zu fotografieren oder mit dem eigenen Auge zu beobachten. Doch über die Jahre lernte ich unseren Begleiter zu schätzen. Empfand ich die Apollo Missionen als Jugendlicher noch als rückständig erkenne ich erst in den letzten Jahren welche übermenschliche Leistung es war unsere Spezies auf dem Mond zu landen. Wenn Gott gewollt hätte das wir Raumfahrt betreiben hätte er uns einen Mond gegeben.
Vielleicht die faszinierendste Eigenschaft ist das man jeden Tag auf ihm neue Gebiete sehen kann. Wie ein Tuch aus schwarzem Sampt, das langsam weggezogen wird, gibt die Mondnacht immer neue Gebirge und Krater frei, jede Minute ändert sich der Anblick.
Auch nach langer Zeit entdeckt man neue Sehenswürdigkeiten auf dem Mond. Eine meiner Lieblingsphasen ist der Halbmond, sowie im Jänner 2022. Über dem Apenninengebirge geht gerade die Sonne auf, im Claviuskrater werden eine große Zahl kleinerer Krater beleuchtet und Tycho zeigt schön seine terrassenförmige Wallebene her. Am Tag danach las ich das man auch schön den Hesidos Strahl sehen konnte.
Was ist der Hesiodus Strahl? Der Mond-Terminator, also die Grenze zwischen Licht und Schatten auf dem Mond, ist der interessanteste Bereich den man mit dem Teleskop und Fernglas beobachten kann. Dort strahl die Sonne in einem spitzen Winkel auf die Krater und Täler des Mondes und erzeugt tolle Licht-Schatten-Spiele.
So kommt es immer wieder vor, dass der Sonneneinfall auf dem Mond zu ganz speziellen Zeiten Effekte zeigt, die man sonst nicht sehen kann. Der Hesiodus-Strahl ist einer solcher Effekte und dieser lässt sich nur über wenige Stunden im Monat beobachten.
Zu einer bestimmten Zeit und Phase des Mondes geht die Sonne über dem Krater Pitatus (101 km Durchmesser) auf. Diese Krater grenzt genau an den Krater Hesiodus (43 km) und beide Krater werden durch einen Kraterwall verbunden. Dieser Kraterwall besitzt aber eine kleine Rille.
Erreicht nun die Nacht-Schatten-Grenze auf dem Mond diese Rille, leuchtet die Sonne ausgehen von Pitatus genau in den Krater Hesiodus und noch bevor die Sonne den Kraterwall des Hesiodus-Kraters überschreitet, kann man einen Lichtstrahl in Hesiodus sehen. Genau dieser Lichtstrahl nennt sich Hesiodus-Strahl und ist ein beliebtes Ziel für Hobbyastronomen.
Auf dem folgenden Bild kann man diese Kraterkonstellation und die verbindende Rille der beiden Krater sehen.
Was so faszinierend dabei ist? Ich stelle mir vor wie ich auf dem Kraterboden stehe und das Licht durch die Schlucht scheint, auf den anderen Kraterrand, gleißend hell, mitten in der Mondnacht.
Auch unsere Vorfahren haben oft diese Symmetrien in ihren Bauten absichtlich nachgestellt, um die aufgehende Sonne als Zeitbestimmung zu verwenden.