Die Sternenleiche in unserer Nachbarschaft

Es war eine Unverschämtheit. Ein Frevel. Das konnte nicht sein. Niemals! Und doch. Er war da. Der kaiserliche Hofastronom Yang Weide sah ihn. Ein neuer Stern. Im Sternbild Stier. Noch nie in seiner Laufbahn hatte er so etwas gesehen. Er hatte bis in den Morgen gearbeitet. Plötzlich erschien dieser helle Stern am Himmel, fast so hell wie der Vollmond. Gleich daneben hing noch die Sichel des abnehmenden Mondes. Er musste dies sofort seinem Kaiser, Renzong der Song Dynastie in China, berichten. Wir schreiben den 4.Juli des Jahres 1.054. Und hier war diese Ungeheuerlichkeit. Der neue Stern war 23 Tage am sogar am Taghimmel bei Sonnenschein sichtbar. Man kannte Kometen, sie kamen und gingen. Und doch war dieser Gaststern etwas komplett anderes. Heller als die Wega, der hellste Stern am Sommerhimmel. Heller als Venus, über einige Monate sichtbar. Hier sehen wir die Überreste einer Explosion. Einer Supernovaexplosion. Man nennt diesen Nebel auch Krebsnebel oder Messier 1. Ein Pulsarwindnebel. Doch was war geschehen? 6.500 Jahre vor dieser Beobachtung war ein Stern am Ende. Er war ein Riese. 11 mal so viel Masse wie unsere Sonne. Er erschuf neue Elemente. Ein Alchemist. Er verwandelte seinen Brennstoff, den Wasserstoff in Helium. Danach Hellium in Kohlenstoff. Danach Sauerstoff. Irgendwann Silizium. Alles in Brennschalen um den Kern. Und dann wurde Eisen erzeugt. Ein Eisenkern. Eisen ist das erste Element aus dessen Fusion keine Energie mehr erzeugt werden konnte. Keine Energie, die sich gegen die unvorstellbare Schwerkraft stemmen konnte. Der Stern fiel in sich zusammen. Kollabierte. Mit einem guten Teil der Lichtgeschwindigkeit, 70.000Kilometer pro Sekunde prallte die nach innen fallende Sternmaterie auf den Kern. Presste den Kern zusammen. So gewaltig, dass die Elektronen in die Protonen gepresst wurden. Es entstanden dabei Neutronen. Ein Neutronenstern. So groß wie das Grazer Becken, ca. 30 Kilometer Durchmesser. Unvorstellbar dicht. 1 Kubikzentimeter wiegt so viel wie ein Flugzeugträger. Lassen sie einen Zuckerwürfel hier auf die Erde fallen. Er würde durch den Boden stürzen. Bis ins Erdzentrum. Stellen sie sich wieder diese Neutronenkugel über Graz vor. Etwas hat sie vom verblichenen Stern mitgenommen. Den Drehimpuls. Wie eine Eiskunstläuferin, die ihre Arme anlegt, dreht sich der Neutronenstern immer schneller. Diese Kugel mit 30 Kilometer Durchmesser dreht sich mit 30 Umdrehungen – pro Sekunde! Der Kern dieser Sternleiche hat eine Million Grad. Dabei wird auch das Magnetfeld stärker. Ein Neutronenstern besitzt ein Magnetfeld von Millionen Tesla. Unser Erdmagnetfeld hat 0,3 Tesla. Dieser Stern ist ein Teilchenbeschleuniger. Ein Pulsar war entstanden. Er sende pulsierende Radiostrahlen. Wie Strahlen eines Leuchtturms. Die Lichtkegel streichen mit einer Frequenz von 30 Impulsen pro Sekunde über unsere Erde. Der Neutronenstern beschleunigt Teilchen auf einen Teil der Lichtgeschwindigkeit. Man kann den Neutronenstern sogar auf der Aufnahme sehen. Es ist der kleinere der beiden Sterne im Zentrum. Der ihm umgebende Nebel expandiert mit 1.500 Kilometer pro Sekunde. Man sieht erkaltende Elemente, wie sie von ihm in den Weltraum ausgestoßen werden. Für neue Generationen von Sternen. Für neue Planeten. Vor Milliarden Jahren verdichtete eine Schockwelle eine Gaswolke. Unsere Gaswolke, es bildeten sich Planeten und unsere Sonne. Das Leben auf diesem Planeten könnte eines Tages zu den Sternen aufbrechen. Mit riesigen Raumschiffen. Sie könnten mit den genauen Radiopulsen der Pulsare navigieren, dort in dieser unendliche Weite! Aufgenommen mit einem C11 Teleskop und einer ASI2600MC Kamera.

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